,,Bitte beachten Sie das in allen Haltestellen und Fahrzeugen gültige Rauch- und Alkoholverbot“ dröhnt es aus den Lautsprechnern im Hamburger Nahverkehr, die U- und S-Bahnen sind fleißig mit Alkohol-Verbotsaufklebern tapeziert worden: Seit dem 1. September gilt im Hamburger Nahverkehr ein generelles Alkoholverbot. Das Feierabendbier kann also nicht mehr auf der Heimfahrt genossen werden, das Vorglühen in der U-Bahn ist Geschichte – zumindest wenn es nach den Hamburger Verkehrsbetrieben geht.
Ab Oktober 40,- Euro
Bei den Durchsagen und den Aufklebern belassen es die Verkehrsbetriebe natürlich nicht, die Sicherheitsleute wurden angewiesen, für die Durchsetzung des Alkoholverbotes zu sorgen. Noch belassen es die Security-Leute bei einer Ermahnung, abkassiert werden soll erst ab 1. Oktober. Die „Verwarnphase“ soll dazu führen, dass die Leute sich an das Alkoholverbot gewöhnen, die Strafe für die Missachtung des Verbots liegt dann ab Oktober bei 40 Euro – ein verdammt teurer Spaß für ein Bierchen, dagegen sind selbst die Getränke in gewissen Etablissements auf der Reeperbahn billig.
Party-Express Metronom
Sinn und Unsinn des Verbots sind schnell erklärt: Ende 2009 hat das Regionalverkehrsunternehmen Metronom bei sich in allen Zügen ein Alkoholverbot durchgesetzt. „Verantwortlich“ dafür waren die Fußballfans aus Norddeutschland, die bei Auswärtsspielen – der Metronom verbindet unter anderem Bremen und Hamburg, wird also auch beim berüchtigten Nordderby gerne als Transportmittel gewählt – regelmäßig einen Party-Express gemacht haben. Die anderen Gäste waren davon natürlich weniger angetan, das Unternehmen ebenfalls nicht. Als Folge wurde ein Alkoholverbot erlassen, in der Hoffnung, dass die Fans sich jetzt etwas zivilisierter benehmen. Die Rechnung ging wohl für das Unternehmen mehr als auf, nicht nur die Fußballfans benahmen sich besser, sondern auch der „normale“ Passagier hinterließ weniger Müll und die Bepöbelungen bzw. Handgreiflichkeiten gingen merklich zurück.
Gewaltdelikte in den U-Bahnen und U-Bahnstationen
Aufgrund der guten Erfahrungen im Metronom haben sich die Hamburger Politik und die Nahverkehrsbetriebe natürlich gedacht, dass man doch an den Erfolg anknüpfen könnte, indem das Alkoholverbot auf den gesamten Nahverkehr ausgedehnt wird. Außerdem nahmen die Gewaltdelikte in den U-Bahnen und U-Bahnstationen (zumindest gefühlt) in den letzten beiden Jahren zu, Schlagzeilen über üble Schlägereien – falls nicht sogar noch schlimmer – schrecken viele Leute von der Benutzung des Nahverkehrs ab. Der Senator der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, Frank Horch, begrüßte das Alkoholverbot etwa mit folgenden Worten: „Wir wollen einen attraktiven ÖPNV für Hamburg, in dem sich alle Fahrgäste sicher fühlen können. Wenn bisher Unentschlossenen die Entscheidung zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel durch das Alkoholverbot leichter fällt, würde ich mich freuen.“
HVV-Abschiedstrinken
Für die Kritiker dagegen läuft das Alkoholverbot auf ein „mit Kanonen auf Spatzen schießen“ hinaus. Mehr als 99% der Alkohol-Trinker im Hamburger Nahverkehr benehmen sich wie zivilisierte Leute, Probleme machen nur ein paar Halbstarke, aber allen wird der Alkoholkonsum verboten. Und, was noch verschärfend hinzukommt: Niemand – naja, fast niemand – kann sich bei einer 20- oder 30-minütigen Fahrt einen Vollrausch antrinken. Die Problemfälle kommen bereits im Vollrausch in die Verkehrsmittel, das Alkoholverbot dürfte also nichts bringen. Geklärt werden dürfte der Streit erst in ein paar Monaten, wenn sich zeigt, ob das Verbot auch wirklich durchgesetzt werden kann, und wenn die ersten belastbaren Erfahrungen vorliegen. Wirklich ernst wird das Alkoholverbot zumindest bis zum 1. Oktober eh noch nicht, auf Facebook wird zum 30. September zu einer Facebook-Party mit dem alles sagenden Namen „HVV-Abschiedstrinken“ aufgerufen.