Ein bisschen wurde auf Hamburgs sündigster Meile schon immer betrogen – gerade in den Läden, die ihr Geld vornehmlich mit nackter Haut verdienen. Männer, die auf Brüste starren, sind in Kombination mit Alkohol auch denkbar leichte Opfer – da flutscht beim Kassieren auch gerne mal ein Schein zu viel durch die Hände. Auch sind Männer leicht willenlos, wenn spärlich bekleidete Frauen ihnen was von einer neuen Bestellung – Champagne for the Ladies! – zärtlich in die Ohren flüstern. Natürlich ist das weder wirklich gerecht noch schön, aber ein Strip-Schuppen ist kein Ponyhof. Auch nicht auf der Reeperbahn.
Staatsanwaltschaft Hamburg und die Kripo der Davidwache
Aber das ist nichts dagegen, was drei Tabledance-Bars (tendenziell eher von der billigen Sorte) sich geleistet haben. Da wurde nicht „ein bisschen“ betrogen, sondern im ganz großen Stil mit ordentlich krimineller Energie. Vermutlich haben sich die Kriminellen gedacht, dass sie schon damit durchkommen – schließlich macht es sich bei der Ehefrau nicht wirklich gut, wenn Papierkram mit der Polizei wegen einer Sache im Strip-Schuppen auf der Reeperbahn erledigt werden muss. Die Rechnung der Kriminellen ist jedoch nicht aufgegangen: Die Staatsanwaltschaft Hamburg und die Kripo der Davidwache haben am Wochenende eine großangelegte Razzia auf der Reeperbahn durchgeführt, bei der nicht weniger als 85 (!) Polizisten im Einsatz waren.
Ermittlungen gegen über 60 Personen in 78 Fällen
Die Polizei hat für die Razzia sieben Durchsuchungsbefehle erwirkt, drei davon richteten sich gegen einschlägige Bars und die restlichen vier gegen Privatwohnungen der vermuteten Strippenzieher. Nach Polizeiangaben richten sich die Ermittlungen gegen über 60 Personen in 78 Fällen – so viele Verdächtige gibt es selbst auf der Reeperbahn nicht alle Tage.
Betrug und räuberische Erpressung
Vorangegangen waren den Ermittlungen diverse Anzeigen von Geschädigten. Diese wurden u.a. unter Gewaltandrohung genötigt, unstimmige (zu Gunsten des Strip-Schuppens, versteht sich) Rechnungen zu begleichen. Außerdem wurden bei bargeldloser Zahlung mehrere Abbuchungen bei einer einzigen Rechnung vorgenommen, was nicht unbedingt auf einen hohen IQ bei den Kriminellen schließen lässt, denn auf diese Weise kam die Polizei zu äußerst belastbarem Beweismaterial. Die Anklagen lauten auf Betrug und räuberische Erpressung, in Kombination mit Vorstrafen kann dies dazu führen, dass die Angeklagten nun ganz andere Ecken von Hamburg als die Reeperbahn zu sehen kriegen – und zwar für längere Zeit.
Letztendlich waren von der Razzia nur drei Etablissements betroffen, es ist also nicht wirklich fair, wenn jetzt die gesamte Strip-Schuppen-Branche unter Generalverdacht gestellt wird – schließlich gibt es auf der Reeperbahn eine Vielzahl an Läden, die ihr Geld mit nackter Haut verdienen. Außerdem wissen die Betreiber (spätestens) jetzt, dass die Polizei ihnen auf die Finger schaut. Und dann gibt es ja noch die Läden wie etwa Pearls Table Dance Club, Susis Showbar oder gar das Dollhouse, die so oft in den überregionalen Medien – gleich, ob Zeitungen, Fernsehen oder Radio – sind, dass sie sich systematischen Betrug gar nicht leisten könnten, ohne ihren „guten“ Ruf aufs Spiel zu setzen.